Den für das Land Brandenburg typischen Sand, die wenigen
lehmigen und tonigen Böden, mooriges Luch und die schönen Seen, all das schuf
die Eiszeit – Pleistozän nennen Wissenschaftler dieses Erdzeitalter und
unterscheiden für Norddeutschland drei Kaltzeiten mit großen Gletschervorstößen
von dazwischen liegenden Warmzeiten.
Zeit in
Jahrtaus. |
|
Kalt- und
Warmzeiten |
ab 10 |
Jetztzeit |
Warmzeit |
115 bis 10 |
Jung- |
Weichsel-Kaltzeit |
130 bis 115 |
Pleistozän |
Eem Warmzeit |
340 bis 130 |
Mittleres |
Saale-Kaltzeit |
370 bis 340 |
Pleistozän |
Holstein-Warmzeit |
475 bis 370 |
Alt- |
Elster-Kaltzeit |
2000 bis 475 |
Pleistozän |
frühe Kalt-
und Warmzeiten |
bis 2000 |
|
Tertiär |
Exkurs: Eiszeiten
Vor etwa zwei Millionen Jahren begann das im Tertiär tropisch-warme Europa langsam abzukühlen und wurde schließlich so kalt, dass riesige Gletscher aus Skandinavien nach Norddeutschland vorstießen. Um 0o C lag die Durchschnittstemperatur damals in Mitteleuropa. Die aus Skandinavien durch die Ostsee in die norddeutsche Tiefebenen eindringenden Gletscher schoben Steine und Geröll vor sich her und ließen nach ihrem Abschmelzen gewaltige Endmoränenwälle zurück. Abfließende Schmelzgewässer lagerten Sand und Kies in breiten Sanderflächen vor den Endmoränen ab. Die Gletscher schürften beim Vorwärtsgleiten den Untergrund und beluden sich dabei mit Felstrümmern und Geröll. Ihre Bewegungen zerrieben und zermahlten das Gestein. So blieb nach dem Abschmelzen des Eises feiner Ton, Lehm, Sand und Gestein (Geschiebe) als Grundmoräne liegen. Man muss tief graben um das unter solcher Grundmoräne liegende ältere Gestein zu finden.
Auch die schönen märkischen Seen verdanken wir der Eiszeit: Die tiefen, langen, schmalen Rinnenseeen wie die Ruppiner Seeen gruben unter den Gletschern strömende Schmelzwasserströme. Gletscher schürften auch die breiten Becken von Plauer See und Müritzsee.
Feuersteine vom Boden der Ostsee wurden vom Eis weithin transportiert. Solche Feuersteine gibt es in Norddeutschland sonst nicht. Deshalb bezeugt die ‚Feuersteinlinie‘, wie weit die Gletscher des Pleistozän in die norddeutsche Tiefebene vordrangen. Sie lehrt uns, dass während der ersten und zweiten Eiszeit (Elster- und Saale-Kaltzeit) die Gletscher weit nach Süden vorstießen und mit ihren Endmoränen Fläming und Lausitzer Grenzwall formten.
Auch die Gletscher der letzten Kaltzeit (Weichsel-Kaltzeit) stießen tief in das Land Brandenburg vor. Während des Höhepunktes dieser Kaltzeit, vor 20 000 Jahren, das ist noch garnicht lange her, lag das Gelände von Berlin tief unter Gletschereis. Endmoränen bildeten die Rauhen Berge/Zauche und die Cottbusser Berge. Die Schmelzwässer flossen in Richtung heutiger Elbe ab und formten das Baruther Urstromtal.
Nach dem Abschmelzen der Gletscher überformten Wind und Wasser das kahle Land. Winde wehten Sande zu Dünen auf, und schliffen mit Hilfe des transportierten Sandes Kanten in die Steine. Bodenrutschungen nivellierten die steilen Hänge. Gräser und Kräutern siedelten sich an und bildeten über dem auch im Sommer nur oberflächlich aufgetautem Boden eine erste Vegetationsdecke, die der heutigen Tundra Nordskandinaviens entspricht. Mit deutlichem Temperaturanstieg begann vor etwa 10 000 Jahren die Jetztzeit, das Holozän.
Auch die Landschaften der Prignitz wurden im Pleistozän geformt. Nur von der Eiszeit her lassen sich ihre Strukturen verstehen. Während der Elster- und der Saale-Kaltzeit bedeckten Gletscher das Prignitzer Land. Die Kronsberge südwestlich von Pritzwalk sind Teil alter Endmoränenwälle. Die sich westlich von Lenzen bis zur Löcknitz hinziehenden Wälder wachsen auf Grundmoränen. Schmelzwässer formten die Talungen von Löcknitz, Stepenitz, Karthane und Dosse. Der Perleberger Stadtforst wächst auf Sandern der Saale-Kaltzeit. Havel- und Elbetalung sind alte Urstromtäler. Die Gletscher der letzten Eiszeit bedeckten nur Teile der Prignitz: Zwar sind die tiefen Rinnenseen bei Kyritz und Wusterhausen ein Produkt der Weichsel-Kaltzeit. Aber die Höhen der Kolreper Berge schufen gewaltige Gletschervorstöße der Saale-Kaltzeit. Von den Kolreper Bergen über Wittstock bis Plau zieht sich die Westgrenze der letzten Vereisung. Gletscher der letzten Eiszeit (Weichsel-Kaltzeit) haben die Kolreper Berge nur erreicht. Ihre Schmelzwässer formten die Niederungen von Jäglitz, Karthane und Dosse.
Die Liebesbank und die bemoosten Steinsitze sind behauene Findlinge, die das Transportunternehmen Eiszeit nach Dannenwalde brachte. Im Wald stößt man beim Graben von Pflanzlöchern Wald gelegentlich auf solch große als Findlinge bezeichnete Steine mit einer von Gletschern geglätteten Oberfläche. An den prignitzer Feldrändern lagern Haufen rundlicher Feldsteine, die Landwirte von ihren Feldern absammelten. Der Wald ringsum wächst auf den vor den Endmoränenwällen der Kolreper Berge entstandenen Sandern.
Wir verlassen die Liebesbank. Haben Sie feste Schuhe an? Dann klettern wir den Abhang hinunter ins Luch und sehen uns dabei den eben bewältigten, von Eiszeitlichen Schmelzgewäsern gefomten Steilhang des Luchs an..
Auch wenn wir auf dem bequemen Herweg zurückwandern, entdecken wir Spuren der Eiszeit. Streckenweise ist der Weg gepflastert, ein Kopfsteinpflaster wie hierzulande üblich mit von der Eiszeit rund polierten Feldsteinen. Am Wegrand reiner Sand – eiszeitlich selbstverständlich. Es lohnt, solchen Wegrand genauer zu betrachten: An besonnten Stellen, zwischen Gemeinem Katzenpfötchen und den Stengeln der Zypressenwolfsmilch entdecken wir die Krater von Ameisenlöwen, also der Larve der Ameisenjungfer. Solch Ameisenlöwe lauert am Grund des Trichters im Sand versteckt auf Beute, erdolcht jede den steilen Trichter hinabgleitende Ameise mit seinen Saugzangen, saugt sie aus und schleudert die ausgesogenen Beutetiere aus dem Trichter hinaus. Vielleicht gelingt es uns mit Hilfe eines Grashalms solch einen Ameisenlöwen aus seinem Versteck hervorzukitzeln? Diese Tiere überwintern und verpuppen sich im Frühjahr unterhalb des Trichters. Die ausgeschlüpften Ameisenjungfern fliegen im Juli und August in der Abenddämmerung zwischen den Kiefernstämmen und ernähren sich von allerlei Kleininsekten. Ohne eiszeitliche Sande hätten Ameisenlöwen hier keine Chance!
Ins Dorf zurückgekehrt machen wir einen Abstecher zu dem aus Findlingen gemauerten Kirchturm. An den behauenen Steinen können wir die Struktur des grobkörnigen Granits, den die Gletscher in die Prignitz brachten, gut erkennen. „Feldspat, Quarz und Glimmer, das vergess` ich nimmer.“ Dieser Spruch klärt die Zusammensetzung des Granits. Auch mit bloßem Auge unterscheiden wir weißlichen Quarz, glitzernd reflektierenden Glimmer und den häufig rot, manchmal auch bläulich oder schwarz getönten Feldspat . Die unterschiedliche Tönung zeigt den Fachleuten, aus welchen Teilen Nordeuropas dieser Granit stammt.